Sicheres Fliegen braucht gesichertes Personal an den Flughäfen!
…denn Flugsicherheit beginnt am Boden.
Damit Fliegen sicher bleibt: eine bundesweite ver.di Initiative für existenzsichernde Löhne, die Gesundheit der Beschäftigten und damit auch die Flugsicherheit erhaltende Arbeitsbedingungen im Bodenverkehrsdienst an den deutschen Verkehrsflughäfen.
ver.di zieht mit dieser Initiative die Konsequenzen aus den langjährigen Beschwerden der Beschäftigten an deutschen Flughäfen. Bei mehrfachen Umfragen wurde immer wieder beklagt, dass die Arbeit in den Bodenverkehrsdiensten nicht existenzsichernd sei und unverändert viele Beschäftigte nur prekär beschäftigt werden (z.B. Befristungen, Arbeit auf Abruf, Leiharbeit).
Daraus resultiert eine hohe Fluktuation unter den Beschäftigten, in deren Folge neue Kolleg:innen oft nicht ausreichend eingearbeitet oder weiterqualifiziert werden. Viele Beschäftigte klagen darüber, dass Sicherheits- und Qualitätsvorgaben aufgrund des Arbeitsdrucks oft nicht eingehalten werden können. Nur Wenige können sich vorstellen, unter den gegebenen Bedingungen bis zum Rentenalter ihren Beruf ausüben zu können.
Seit vielen Jahren führte die personelle Überlastung insbesondere im Sommer immer wieder zu chaotischen Situationen an den deutschen Verkehrsflughäfen, da in der Branche tausende von Arbeitsplätzen wegen der schlechten Bedingungen nicht besetzt werden konnten.
War es in den Vorjahren noch in erster Linie ein „Kofferchaos“, hat sich die Situation durch die Corona-Pandemie seit 2020 weiter verschlimmert. Heute sind alle Bereiche der Abfertigung – vom Check-In, über die Luftsicherheit, das Boarding, die Abfertigung der Flugzeuge am Boden oder auch die Gepäckausgabe betroffen.
Wie konnte es in einem so hoch sensiblen Risikobereich wie dem Bodenverkehrsdienst an den Flughäfen so weit kommen?
Durch die von der Europäischen Union vorgeschriebene Marktliberalisierung kam es zu einem zunehmenden Wettbewerb zwischen privaten und öffentliche Anbietern (Flughäfen) um die Abfertigungsaufträge der Fluggesellschaften. Die Fluggesellschaften, für die die Unternehmen ihre Dienste erbringen, spielen diese beim Rennen um die Marktanteile um Kostenvorteile zu erlangen gegeneinander aus.
Ein zunehmend erbarmungsloser Absenkungswettbewerb um die niedrigsten Lohnkosten, die wenigsten Qualifikationskosten und den geringsten Personaleinsatz wurde so in Gang gesetzt.
Die Folge: von immer weniger Personal, das immer unzureichender ausgebildet ist, müssen immer mehr sicherheitsrelevante Aufgaben übernommen werden. In immer weniger Zeit. Für immer weniger Geld. Bis zu 30% Einkommensunterschiede mussten die Beschäftigten in den ausgegliederten Tochterunternehmen der Flughäfen und bei privaten Anbietern hinnehmen. So wird – ausgelöst durch den Preisdruck der Airlines auf die Anbieter der Bodenverkehrsdienstleistungen- Sozialdumping belohnt und sozial verantwortliche Arbeitgeber werden abgestraft.
Je mehr die so genannten Billigfluggesellschaften wie etwa Ryanair auf den deutschen Markt drängen, desto größer wurde auch der Preisdruck auf die Bodenverkehrsdienste.
„Wollen wir als Verbraucher das wirklich? Wollen wir als starke Volkswirtschaft in einer kritischen Infrastrukturbranche eine wachsende Zahl von Menschen beschäftigen, die von ihrem Einkommen allein vielleicht nicht mehr leben können? Fliegen ist eine äußert komplexe Wertschöpfungs-kette, an der unzählige Firmen beteiligt sind. Diese Dienst-leistung sollte uns daher auch etwas wert sein.“
Jens Koenen
Handelsblatt am 2. März 2017
Diese Fragen haben auch 5 Jahre später noch ihre Berechtigung. Denn angesichts der gestrichenen und ausfallenden Flüge, langen Warteschlangen mit mehrstündigen Wartezeiten und verschollenen Koffern zahlen nun auch vermehrt die Passagiere den Preis für die schlechten Arbeitsbedingungen im BVD. Denn: zu den aktuellen Bedingungen sind immer weniger Beschäftigte bereit, ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus haben viele Beschäftigte während der Pandemie den Luftverkehr verlassen und neue Arbeitgeber gefunden, wo sie zu besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen, vielfach ohne Nachtschichten, Sonn- und Feiertagsarbeit arbeiten können. Diese Beschäftigten werden zu den aktuellen Arbeitsbedingungen auch nicht mehr zurückkommen.
Damit fliegen sicher bleibt, fordert ver.di deshalb alle Unternehmen zum Abschluss eines Branchentarifvertrages auf, um so die Arbeitsbedingungen dem Preisdruck zu entziehen und die Branche für die Zukunft abzusichern.
Ziel dieses Branchentarifvertrages ist es, zugleich
- eine hohe Qualität der Dienstleistungen,
- existenzsichernde Vergütungen,
- Altersarmut bekämpfen
- gemeinsame Qualifikationsstandards und
- gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen sicher zu stellen.
Mit dieser Zielsetzung laufen bereits seit 2018 Tarifverhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände) und ABL (Arbeitgeberverband der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr). Unterbrochen durch die Pandemie arbeiten wir jetzt mit Hochdruck daran, diesen Branchentarifvertrag so schnell wie möglich zu erreichen.
So kann die Arbeit an den Flughäfen wieder attraktiver werden und neue Beschäftigten für den Luftverkehr können gewonnen werden. Dadurch können Sicherheitsstandards für Passagiere und Beschäftigte besser eingehalten, dem demographischen Wandel in den Bodenverkehrsdiensten begegnet werden sowie weitere immer wiederkehrende Dauerkonflikte an den einzelnen Flughäfen vermieden werden. Ein bundesweiter Branchentarifvertrag für die BVD wird so zu einem besseren Funktionieren der Infrastruktur an den Flughäfen beitragen.
Denn Bodenverkehrsdienstleistungen sind keine Ramschleistungen, sondern hochwertige und sicherheitsrelevante Dienstleistungen. Sie werden unter schwierigsten Herausforderungen und Bedingungen erbracht.
Damit Fliegen sicher bleibt.
Eure ver.di Bundestarifkommission der Bodenverkehrsdienste
„Ich setze mich ein und übernehme Verantwortung für einen Bundesweiten Brachen-Tarifvertrag in den Bodenverkehrsdiensten, …“
„… weil ich mir und den Passagieren lange Warteschlangen, Kofferchaos und unpünktliche Flüge ersparen will. Wir werden nur genug Personal finden, wenn die Arbeitsbedingungen sich verbessern.“
Michael Batog
Swissport-Losch MUC
„… weil 84% aller Beschäftigten in der Passagier- und Gepäckabfertigung das gleiche denken wie ich: Unsere Einkommensverhältnisse sind nicht akzeptabel. Arbeit darf nicht arm machen.“
Ralf Schacht
AGS Hannover
„… weil wir Regeln brauchen, die unsere Gesundheit erhalten. Nur 7% meiner Kolleginnen und Kollegen können sich vorstellen, unter den jetzigen Bedingungen ihren Job gesund bis zur Rente zu machen.“
Mehmet Sener
AHS FRA
„… weil nur dadurch den Airlines ein Riegel vorgeschoben werden kann. Es geht einfach nicht noch billiger, ohne unsere Gesundheit zu ruinieren und die Flugsicherheit zu gefährden.“
Werner Breidenstein
Flughafen NUE
„… weil 72% alle Beschäftigten in der Gepäck- und Passagierabfertigung erleben, dass durch den Personalmangel oft Sicherheits- und Qualitätsstandards nicht eingehalten werden können.“
Ralf Krüger
Flughafen MUC
„… weil die Kostendrückerei der Airlines zu einer Arbeitsverdichtung führt, die an die physische und psychische Substanz der Kollegen und Kolleginnen geht. Nur bundesweite Standards, die überall gleich gelten, können die Abwärtsspirale stoppen. Dann geht es auch wieder aufwärts!“
Behrad Ghofrani
WISAG FRA
„… weil endlich wieder Qualität vor Quantität kommen muss. Es müssen bundesweit die gleichen Standards für Qualifikation, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Bezahlung gelten. Die harte Arbeit im Bodenverkehrsdient muss fairer geregelt und gerecht entlohnt werden.“
Riza Turga
Flughafen CGN
„… weil der aktuelle Personalmangel die Sicherheit gefährden kann. Früher mussten wir höchstens acht Flugzeuge pro Tag abfertigen. Heute sind es öfter auch mal zwölf. Durch die Belastung steigt die Gefahr von Flüchtigkeitsfehlern.“
Özgür Yalcinkaya
Fraground FRA
„… weil die Branche boomt wie nie. Wir fertigen heute 25% mehr Passagiere ab als vor 10 Jahren. Die Profite steigen. Davon holen wir uns nun unseren gerechten Anteil.“
Thomas Reber
Losch STR
„… weil wir viel mehr erreichen können, wenn wir mit einer Stimme sprechen.“
Bkörn Jaeschke
WISAG Berlin
„… weil die niedrigeren Lohnniveaus von Wettbewerbern die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVÖD) bedrohen. Nur, wenn die Beschäftigten der Konkurrenz mehr verdienen als jetzt, lässt auch der Druck auf meine Arbeitsbedingungen nach.“
Hakan Bölükmese
Fraport FRA
„… weil bei der jetzigen Entlohnung ich und meine Kolleginnen und Kollegen von Altersarmut betroffen sein werden.“
Sven Ebeling
AHS DUS
„… weil 69% aller Beschäftigten in der Gepäckabfertigung regelmäßig unter Rückenschmerzen leiden. Der Personalmangel verschlimmert die ohnehin körperlich anstrengende Belastung zusätzlich.“
Kurt Tauber
Flughafen STR
„… weil die häufige Befristung vieler Kolleginnen und Kollegen zu unsicherer Lebensplanung führt und unsere Arbeitsplätze unattraktiv macht. Gegen den akuten Personalmangel helfen nur unbefristete, existenzsichernde Arbeitsplätze. „
Mark Britz
WISAG CGN
„… weil wir Regeln brauchen, die unsere Arbeitsplätze und unsere Tarifverträge schützen, wenn unser Unternehmen eine Lizenz oder einen Auftrag verliert.“
Murat Ucar
Aeroground MUC
„… weil wir Lösungen brauchen für erzwungene Teilzeit. Viele von uns arbeiten viel mehr als in ihrem Vertrag steht – aber wenn es mal ruhiger ist in der Firma, werden wir nach hause geschickt.“
Lutz Welzel
AHS CGN
„… weil 78% aller Beschäftigten in der Gepäck- und Passagierabfertigung darunter leiden, dass ihr Arbeitgeber kaum Maßnahmen für ihren Gesundheitsschutz anbietet.“
Beate Schneider
Flughafen FMO
„… weil es nicht teuer ist, uns existenzsicher zu entlohnen. Die Kosten der Passagier- und Gepäckabfertigung an einem Airline-Ticket machen durchschnittlich 10 % aus. Unser Lohnanteil liegt bei einem 100 € Ticket gerade einmal bei 0,88€. Eine Gehaltserhöhung von etwa 15% (das sind 1 € mehr die Stunde) würde zum Beispiel nur 1,50 € mehr pro Ticket kosten. Das sollte uns sicheres Fliegen Wert sein.“
René Sell
Aeroground Berlin
„…. weil ich weiß: auch Passagiere wollen weiterhin sicher fliegen.“
Niko Nikolaou
Flughafen CGN
„… weil wir ein tarifliches Recht auf Qualifikation und Weiterentwicklung im Unternehmen brauchen. Dann haben die Beschäftigten eine berufliche Perspektive im Unternehmen und es kann nicht mehr auf Kosten unserer Gesundheit gespart werden.“
Roy Kleemann
Flughafen HAM
„… weil für 83% der Beschäftigten die Arbeit in den Bodenverkehrsdiensten nicht existenzsichernd ist – eine Folge von niedrigen Löhnen, Befristungsquoten von bis zu 40%, Leiharbeit sowie Arbeit auf Abruf und Kapovaz.“
Hayri Yilmaz
Aviapartner DUS
„… weil endlich Schluss sein muss mit der Lohnspirale nach unten – wir fordern gerechte auskömmliche Gehälter für Alle.“
Stefan Hoheisel
AHS HAJ
„… weil die Ausbreitung von Lowcost- Airlines den Bodenverkehrsdienst noch weiter unter Druck setzen wird. Je billiger die Flugtickets werden, desto weniger sind die Airlines bereit, für unsere Arbeit zu zahlen. Nur, wenn wir alle das gleiche fordern, sind wir davor geschützt.“
Uwe Kmoch
FDGHG Flughafen DUSS
„… weil unsere Belastung zu wenig respektiert und entlohnt wird. Für niedrige Löhne
müssen meine Kollegen bei 40 Grad im Sommer und Eiseskälte im Winter auf dem Rollfeld schwerste Gepäckstücke im Akkord aus Urlaubsfliegern wuchten.“
Devrim Arslan
Fraground FRA
„… weil das Risiko für Fehlbeladungen steigt, wenn die Maschinen z.B. unter hohem Zeitdruck von Menschen beladen werden, die erst wenige Wochen und weitgehend unqualifiziert ihren Job machen – oder grundlegende Sicherheitsbestimmungen bzw. Anweisungen sprachlich nicht verstehen.“
Raymond Morales
AGSB Berlin
„… weil die Politik in der EU und Deutschland immer mehr Anbieter auf den Flughäfen zulässt. Das führt dann zu weiterer Konkurrenz, weil die neuen Unternehmen noch keinen Tarifvertrag haben. Wenn ein Tarifvertrag für alle gilt, müssen ihn auch neue Unternehmen zahlen. Das schützt mich und die Beschäftigten dort gleichzeitig.“
Mavridis Efstathious
Fraport FRA
„… weil Kolleginnen und Kollegen von ihrer Arbeit leben können müssen, ohne dass ihnen der Gang zum Sozialamt droht oder sie einen Zweitjob annehmen müssen.“
Britta Fengler
AHS HAM