Herausforderung oder Überforderung?
Mai 2015, StuttgartPsychische Belastung am Arbeitsplatz
Seit einiger Zeit kann man es überall in der Tagespresse lesen: psychische Erkrankungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Anteil der Krankheitstage wegen psychischen Erkrankungen hat sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt.
Zu viel Arbeit, hoher Termin- und Leistungsdruck, aber auch ständige Unterbrechungen bei der Arbeit werden von den Menschen als häufigste psychische Belastung am Arbeitsplatz benannt.
Und hier ist der Arbeitgeber gefordert: seit 1996 muss für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden, die neben den physischen auch die psychischen Belastungen erfasst. Seit 2013 wird nochmals gesondert auf die psychischen Belastungen hingewiesen.
Der Begriff „psychische Belastungen“ ist zunächst einmal neutral. Er beschreibt die Einflüsse, die von außen auf den Menschen einwirken und psychisch verarbeitet werden müssen. Und damit geht jeder unterschiedlich um: was für den einen kein Problem ist, ist für den anderen unerträglich. Denn jeder kommt mit anderen Voraussetzungen zur Arbeit. Hier spielen Alter, Geschlecht, Gesundheit und die aktuelle Verfassung eine Rolle, aber auch Erfahrung, eigene Fähigkeiten und Erwartungen an den Arbeitsplatz.
Um diesen gerecht zu werden, gibt es verschiedene Verfahren, die psychischen Belastungen zu messen: sie können in einem anonymisierten Fragebogen ermittelt werden oder aber auch in einem Interview innerhalb der einzelnen Arbeitsgruppen
Ermittelt werden sollen z.B. Fakten wie schlecht gestaltete:
Arbeitsaufgaben (hoher Termin- und Leistungsdruck, Über- aber auch Unterforderung, überwiegend Routineaufgaben, Monotonie)
Arbeitsorganisation (hoher Zeitdruck, häufige Unterbrechungen, Schichtarbeit, lange Arbeitszeiten, Nachtarbeit, unsicherer Arbeitsplatz)
Soziale Bedingungen (fehlende soziale Kontakte, ungünstiger Führungsstil, Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten, schlechte Kommunikation)
Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsbedingungen (Lärm, Klima, räumliche Enge)
Ziel soll es sein, belastende Faktoren am Arbeitsplatz heraus zu filtern und hier für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Viele Betriebe haben Gefährdungsbeurteilungen zu den physischen und psychischen Belastungen durchführen lassen. Meistens wurden und werden allerdings die psychischen Gefährdungen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt.